Der folgende Text ist eine übersetzte und gekürzte Fassung eines Artikels von Steven Millward, der so freundlich war, einer Veröffentlichung hier auf Doppelpod zuzustimmen (Übersetzung: Sven Hänke). Der Originaltext „China’s Attempt to Banish Online Rumors is as Vague as the War On Terror“ erschien heute auf techinasia.com.
Die “Internet Society of China’ (ISC) hat heute ein Papier mit dem Titel “Vorschläge zur Verhinderung von Internet-Gerüchten” (chinesische Fasung hier) herausgegeben, das durch Aufklärungs- bzw. Erziehungsmaßnahmen und strengere Regularien die Verbreitung von Tratsch und Gerüchten im streng kontrollierten chinesischen Internet verhindern will. Nur neun Tage nachdem die Behörden die beiden größten chinesischen Mirkoblogs bestraft haben, weil diese nicht in der Lage waren, politische Gerüchte zu unterbinden, erinnern diese Aktionen an den berüchtigten “Krieg gegen den Terror”, in dem die Bush-Administration versucht hat, alle Schurken zu bekämpfen, die ihr schaden könnten.
Das Problem ist nur, dass sowohl Gerüchte als auch der Terrorismus abstrakte Konzepte sind, und man schwerlich einen Krieg gegen ein Konzept gewinnen kann. Ebenso wie ein ungerechter Krieg eine neue Generation von Widersachern hervorbringt, die sich zu extremen Handlungen gedrängt fühlen, wird auch diese neue Welle des Durchgreifens, der Regulationen und der Zensur zu noch weniger Transparenz in der chinesischen Politik und im Internet führen und die Netizens zur Produktion von noch mehr Gerüchten nötigen. Chinesische Mikroblogs wie Sina und Tencent haben bereits eine hohe Anzahl an Mitarbeitern, die mit der Selbst-Zensur, der Sperrung von Nutzern und der Löschung von Posts beauftragt sind. Sie löschen Nachrichten mit Schlüsselwörtern, die die “Soziale Stabilität” bedrohen. Die neue Propaganda-Parole “Soziale Stabilität” ist mehrmals in dem ISC-Papier genannt. Hinzu kommt die neue Klarnamen-Richtlinie für die Mikroblogs, die die Gerüchte eindämmen soll. Denn dadurch sollen sich die Nutzer für den Inhalt der Tweets verantwortlich fühlen – oder eingeschüchtert. Aber Sina und Tencent werden überflutet mit Posts und die häufigste Strafe ist derzeit lediglich die Löschung der entsprechenden Nachrichten. Die Nutzer der Mikroblogs wissen das und verbreiten daher weiterhin Gerüchte – auch politische und trotzen damit der finsternen Dunkelheit der fehlenden Transparenz, die sowohl bei der Regierung als auch den On- und Offline-Medien vorherrscht, welche sich entweder der Regulierung unterwerfen, oder sich in die Gefahr begeben, ihre Geschäftsgrundlage zu verlieren.
Und so steht nun also ein “Krieg gegen die Gerüchte” bevor, der sich durch eine weitgehendere Überwachung von normalen Bürgern auszeichnet und jedermann pauschal unter Verdacht gestellt wird. Auch das erinnert an den “Krieg gegen den Terror”, bei dem die USA und Großbritannien ihren Polizeiapparat aufrüsteten. Im Westen setzte man immer fortgeschrittenere Technologien, wie die Gesichtserkennung und den Ganzkörper-Scanner ein. China hingegen hat die Medien bereits weitgehend unter Kontrolle. Man muss diese also eigentlich nur auf die Mikroblogs ausdehnen. Das Problem ist nur, dass es kaum noch etwas gibt, was noch unternommen werden kann. Den jüngsten Gerüchten über einen Staatsstreich wurde mit der bereits erwähnten Kommentarsperre und der Verhaftung von sechs Personen begegnet, die aktiv an der Verbreitung der Gerüchte beteiligt waren. Was soll man denn noch tun? Hunderte einsperren? Eine eingebaute Verzögerung der Verbreitung der Nachrichten in den Mikroblogs implementieren? Fordern, dass die Nutzer ihre Tweets per Fax an das lokale Polizei-Büro schicken? OK, der letzte Vorschlag war nicht ernst gemeint. Aber im Ernst: Wie soll man Fortschritte bei der Bekämpfung von Online-Gerüchten machen, wenn die chinesischen Internetnutzer keinen Lichtstrahl am Horizont sehen in Bezug auf die Authoritäten selbst?