Die Popkultur als Brücke zwischen Ost und West

Der US-Chinesische Pop-Superstar Wang Lihong hat eine beeindruckende Rede an der Oxford-Universität gehalten. Er hält Softpower für eine Form des Geschichtenerzählens, die es schafft, dass man sich für etwas begeistern kann. Popkultur könne die Wände zwischen den Kulturen einreißen und uns zeigen, dass wir auch über Grenzen hinweg viel mehr Gemeinsamkeiten haben als Unterschiede. Die globalisierte Pop-Welt könne dazu beitragen, uralte Stereotype zu beseitigen. Im globalen Dorf sind wir alle Mitbewohner, die sich besser kennen lernen sollten. Regierung, Nationalitäten, Rassen, all das sind nur artifizielle Abgrenzungen, die uns davon abhalten, einander besser kennenzulernen.

Und um den Langnasen den Zugang zur chinesischen Popmusik zu erleichtern, hat er ein Mixtape mit Liedern, die er liebt, zusammengestellt.

Das Mixtape findet man hier.

Die Drahtpenismänner

Eigentlich wollte ich ja im Moment nicht mehr so viel zum Thema „China“ bloggen, nun kann man aber einige Sachen auch nicht einfach für sich behalten, oder? Herr Poettgen von Stimmen aus China war zum Beispiel so freundlich, mich mit einem Artikel auf die chinesische Version von „Knallerfrauen“ aufmerksam zu machen. Der  epochemachende Erfolg der deutschen Comedy-Serie „Knallerfrauen“, die in chinesischen sozialen Netzwerken und auf Video-Plattformen geteilt wurde, war nicht zu übersehen. Schon Christian Y. Schmidt hat sich einst an einer Übersetzung des Titels versucht und ist bei „Drahtpenisfrauen“ gelandet. Das ist etymologisch zwar mehr als zweifelhaft, trifft aber eine ganze Reihe der Konnotationen des chinesischen Modewortes und Internetphänomens „Diaosi“ sehr gut. Die chinesische Fassung der „Drahtpenisfrauen“ hingegen war mir bisher unbekannt. Eine Fassung mit deutschen Untertiteln ist bereits bei Youtube gelandet (weil ich urheberrechtliche Bedenken habe, dazu nur ein Link und kein eingebettetes Video)

„Stimmen aus China“ hat ein Interview mit dem Schauspieler Dong Chengpeng geführt, das ich hier mit dem größten Vergnügen teile. Sehr schön. Auch die Aussprache.

Neues vom Planeten Weibo: Mike Sui

Mike Sui hat etwas geschafft. Er hat den unendlich langweiligen, nicht unsympathischen, aber komplett selbstironie- und humorbefreiten Mark Rowswell, besser bekannt als Da Shan, von seinem Thron gestoßen. Rowswell war der chinesische Medien-Ausländer der Fernsehgeneration, der mit seiner fehlerfreien Aussprache des Hochchinesischen das Bild des gebildeten China-Verstehers aus dem Westen definierte.

Aber Da Shan war in seiner Art auch immer sehr angepasst, sehr stark darauf bedacht, den richtigen Ton zu treffen. Sonst hätte man ihn auch sicher nicht ins chinesische Fernsehen gelassen. Da Shan ist out. Und der Ausländer, dem in China jetzt die Herzen zufliegen, ist im Grunde gar kein Ausländer. Sein Vater ist Chinese, seine Mutter US-Bürgerin und auf den ersten Blick würde man ihn eher für einen Kirgisen oder vielleicht für einen Israeli halten.

Aufgewachsen ist Mike Sui irgendwo zwischen der Idylle Wisconsins und den brodelnden Beijinger Hutongs. Chinesisch ist im wahrsten Sinne sein Muttersprache. Als Kind war er einmal mit einem übergewichtigen Bekannten seiner Mutter in Beijing unterwegs, so erzählt er es in einem Interview. Und er hörte wie zwei Chinesen miteinander sprachen: „Guck mal, der Ausländer da. Der ist aber dick und hässlich. Aber dieser kleine Ausländer, der ist eigentlich ganz süß.“ Mike Sui ist damals zu den beiden Chinesen gegangen und hat zu ihnen auf Chinesisch gesagt: „Mag sein, dass er nicht gut aussieht und etwas übergewichtig ist. Aber ihr, die ihr über ihn lästert, ihr seid wirklich hässlich und solltet euch was schämen.“

Er war wohl schon damals nicht auf den Mund gefallen. Heute begeistert er ein Millionenpublikum mit seinen Videos und ist ein Weibo-Star, der eine Community von über 500.000 Followern unterhält. Derzeit macht er jeden Monat einen Rap-Song, in dem er die Ereignisse Revue passieren lässt (März, April). Aber bekannt geworden ist er mit seiner unglaublich fantastischen Persiflage auf Ausländer und Chinesen in Beijing, die er allesamt selbst spielt. Der Olli Dittrich Chinas: Mike Sui.